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Das Analogieprinzip

Praxis für Hypnose Hamburg

Dr. phil. Elmar Basse

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Das Analogieprinzip

In seiner 4-Elemente-Lehre ordnet der Philosoph Empedokles die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde nicht nur einzelnen Göttern zu, sondern erkennt auf diesem Weg auch bestimmte Eigenschaften, die den Elementen eignen.


Dem Feuer wird Ehrgeiz und Engagement zugesprochen. Wasser sieht er hingegen als sanft, als nachgiebig und weich, die Luft als quirlig und flexibel, die Erde als starr und festgefügt. Als solche würden sich die Elemente dann auch im Menschen realisieren.


Das klingt für viele Menschen absurd, die sich an die „Fakten“ halten. Wie soll denn ein Naturelement psychische Eigenschaften besitzen? Das sei anthropomorphes Denken, man lese dabei in die nichtmenschlichen Dinge Menschlich-Psychisches hinein. Dem entspreche ja auch bekanntlich, dass die griechische Götterwelt im Grunde sehr menschlich gedacht worden ist. Das sei aber unsinnig, weil man von Menschen auf Götter schließe.

 

Worum es sich tatsächlich handelt, ist das Denken in Analogien. Der Schlüssel lautet: „wie oben, so unten“ bzw. „wie innen, so außen“. Statt nämlich ein Fehlschluss zu sein, ist es ein Grundprinzip unseres Denkens, unserer menschlichen Erkenntnis und der Orientierung in unserer Welt – auch wenn das einem „modernen“ Denken, das sich selbst für „aufgeklärt“ hält, anfangs gar nicht einleuchten mag.


Das Analogieprinzip sagt, dass sich im Universum, im Makro- und im Mikrokosmos, verschiedenste Entsprechungen finden.

Demgemäß können wir uns Meinungen bilden, auch wenn wir Grenzen überschreiten, die die Natur uns Menschen steckt.


Tatsächlich sind unsere Kräfte begrenzt, z.B. unsere Wahrnehmung. So können manche Tiere solche Töne und Farben wahrnehmen, die dem Menschen nicht zugänglich sind (wenn er nicht technische Hilfsmittel nutzt). Oder unsere Vorstellungskraft: Wir sind nur dazu imstande, uns Größen von mittlerer Dimension vorzustellen. Wenn aber etwas sehr groß oder klein ist, lässt es sich zwar noch in Formeln fassen, doch unsere Vorstellung vermag es nicht, uns ein Bild davon machen zu lassen.


„So wissen wir heute beispielsweise, dass ein Eisenblock fast nur aus Zwischenräumen besteht, die von den atomaren Teilchen umkreist werden. In der Relation entsprechen die Entfernungen zwischen den festen Teilchen den Entfernungen zwischen den Planeten unseres Sonnensystems. Auch wenn wir dies alles noch so genau wissen, können wir es uns beim Anblick eines massiv wirkenden Eisenblocks nur schwer vorstellen.“


„Ähnlich wie ein Virus als eigenständiger Organismus für unser Vorstellungsvermögen zu klein ist, ist die Entfernung von 10 Millionen Lichtjahren für unser Vorstellungsvermögen zu groß. Wir sind in unserer Erkenntnis immer auf eine ‚mittlere‘, uns als Menschen angemessene Größenordnung angewiesen. Alles, was darunter oder darüber liegt, ist entweder uns nur noch durch Hilfsmittel oder meist überhaupt nicht mehr zugänglich.“1

 

Auch die Unendlichkeit können wir uns nicht vorstellen, so wenig wie sich ein religiöser Mensch die „Allmacht Gottes“ vorstellen kann.


Die alten Griechen machten sich Bilder der Götter, indem sie von sich auf die Götter schlossen. - Das scheint wie erwähnt grober Unsinn zu sein, ein falsches anthropomorphes Denken.


Wollte man darauf hinweisen, dass es dem Menschen nicht möglich sei, sonst etwas über die „Götter“ zu sagen, folgt schnell die Erwiderung: Deshalb solle man es auch nicht tun. Das „Göttliche“ sei unerklärbar, es habe keine Eigenschaften, von denen wir etwas wissen könnten.


So lautet auch der letzte Satz des Tractatus logico-philosophicus (1921) des Philosophen Ludwig Wittgenstein: „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“


Tatsächlich ist aber nicht nur das „Göttliche“ für uns „unendlich“ weit entfernt. Wie man oft sagt, würde man auch einem anderen Menschen nicht einmal hinter seine Stirn schauen können. Da wir also nicht wissen könnten, was in ihm wohl vor sich geht, müssten wir also „darüber schweigen“, d.h. uns der Meinung darüber enthalten.


Wäre das aber wirklich so, so wäre das soziale Leben unmöglich. Wir stimmen unser Verhalten selbst darauf ab, wie andere wohl darauf reagieren. Wenn wir das gar nicht „wissen“ könnten, wären wir orientierungslos.


Was aber machen wir tatsächlich? Wir denken in Wirklichkeit analogisch. Wie die anderen sich verhalten, erschließt sich uns nämlich schon daraus, wie wir selbst uns verhalten würden bzw. andere, mit denen wir Erfahrungen machten. Wir schließen gewissermaßen vom Ich aufs Du. Das ist keine „exakte Erkenntnis“, sondern es sind Annahmen, die wir vielleicht korrigieren müssen. Meistens liegen wir aber nicht ganz falsch.


Wie und warum funktioniert das wohl? Wir können Annahmen über uns treffen, über die Menschen, die uns begegnen, weil deren Denken, Sprechen, Handeln, aber auch ihr emotionales Erleben eben nicht einfach zufällig ist. Die ganze Psychologie ruht darauf, dass der Mensch kein chaotisches Bündel beliebig wechselnder Vorgänge ist. Dann wäre er nämlich  nicht mehr verstehbar.


Übrigens kann es dazu kommen: Der psychisch schwer erkrankte Mensch, beispielsweise ein Schizophrener, ist in dem, was in ihm vorgeht und wie er sich wohl verhalten wird, an der Grenze dessen befindlich, was für uns noch verstehbar ist, nicht selten sogar jenseits der Grenze. Wir würden ihm gar nicht gerecht werden können, wenn wir ihn an den Maßstäben mäßen, die für den Nichtkranken gelten.


Wenn wir andere Menschen „verstehen“, wenden wir implizit Regeln an, mit denen wir uns verstehbar machen, was in ihnen wohl vorgehen wird.


Wir „wissen“, dass jemand wütend ist, wenn er seine Fäuste hebt und wir von ihm angebrüllt werden (Feuer). Wir „wissen“, dass jemand traurig ist, wenn seine Stimme leiser wird und Tränen ihm in die Augen steigen (Wasser).


Wir können sogar „voraussagen“, was als Nächstes wohl geschieht. Je nach unserer Menschenkenntnis können wir schon deutlich im Voraus begründete Annahmen darüber treffen, was wohl bald geschehen wird. Wir können sogar Annahmen haben, wie ein Mensch, den wir etwas kennen, sich in Situationen verhält, die einander irgendwie ähneln.


Es ist nämlich der „Charakter“, den wir bei Menschen wahrnehmen können, der uns hilft, unsere Schlüsse zu ziehen. Charaktereigenschaften des Menschen sortieren das Erleben und Handeln. Soweit wir den Charakter des andern verstehen, verstehen wir den anderen Menschen und können uns darum auch erklären, warum er damals so handelte, warum er sich gerade jetzt so verhält und wie er sich demnächst verhalten wird.


In der Sprache der Esoterik sind es Urprinzipien, die im jeweiligen Menschen wirken und sein Leben organisieren.


Das ist kein exaktes Wissen. Die Annahmen können trügerisch sein. Genau genommen sind sie meist nicht falsch. Nur können die Annahmen, die wir jeweils zugrundelegen, sich als unterkomplex erweisen. Nur weil jemand sich freundlich verhält, muss es nicht ausgeschlossen sein, dass er etwas „im Schilde führt“. Dann haben wir wohl übersehen, dass in ihm noch anderes wirkt, andere Urprinzipien, die wir anfangs nicht erkannten.

 

Das gilt auch für andere Bereiche. Ein Beispiel ist die „Nulltoleranzstrategie“ in der Bekämpfung von kriminellem Verhalten.


Die Broken-Windows-Theorie, die hier das Grundlegende ist, behauptet einen Zusammenhang zwischen dem Verfall von Stadtgebieten und dem Anstieg der Kriminalität. Mache ein Stadtviertel einen verkommenen Eindruck, „so signalisiere das, dass es kein Interesse an öffentlicher Ordnung oder an den Gesetzen gebe. Damit sei die Grundlage für die Kriminalität gegeben … Damit würde eine Abwärtsspirale beginnen: Sie könnte von den zerbrochenen Fensterscheiben über kleinere Regelverstöße bis hin zu Raub und Mord führen.“


Gemäß der Nulltoleranzstrategie sollte die Polizei daher schon frühestmöglich tätig werden, und zwar konsequent und schnell, auch wenn es nur Ordnungswidrigkeiten und noch keine Straftaten sind, die von Menschen begangen werden. Die Kontrolldichte sei zu erhöhen und konsequent das Recht durchzusetzen, um das Milieu für Straftaten gar nicht erst entstehen zu lassen.


Die Annahme war, dass bereits Bagatelldelikte der Einstieg (Tipping-Point) für schwerwiegendere Ver­brechen seien.


Speziell diese letzte Annahme zeigt, dass linear-kausal gedacht wird, wie es nicht nur in der Schulwissenschaft, sondern auch im öffentlichen Diskurs und im Denken vieler Menschen tief und fest verankert ist: Es müsse eine Ursache gegeben – oder eine Reihe von ihnen, die man identifizieren müsse –, die die Wirkung hervorrufen.


Also: Das Bagatelldelikt ist die Ursache für die Wirkung Verbrechen. Das eine macht das andere. Wenn ich das Problem beseitigen will, nämlich die Kriminalität, oder sie jedenfalls reduzieren, muss ich die Ursache bekämpfen, also die Bagatelldelikte. Vielleicht gibt es noch weitere Gründe, die ich noch erkennen kann. Die müssen dann ebenso aufgelöst werden.


Tatsächlich sank die Verbrechensrate beispielsweise in New York, wo die Nulltoleranzstrategie zunächst ihre Anwendung fand. Ob sie wirklich der Erfolgsfaktor war, ist allerdings durchaus umstritten, weil auch dort die Kriminalität sank, wo die Strategie nicht angewandt wurde.


Das ist hier jedoch nicht entscheidend. Wichtiger ist die Broken-Windows-Theorie. Linear-kausal ist es so, dass das eine zum anderen führt: Verwahrlosung führt zum Verbrechen.


Im analogischen Denken stellt es sich stattdessen so dar: Auf den verschiedenen Ebenen des sozialen  und des individuellen Lebens wirken sich Urprinzipien aus, in diesem konkreten Fall aber so, dass es deren Mangel ist, und zwar der Mangel daran, was wir als Liebe, Fürsorge, Pflege oder auch Anteilnahme bezeichnen können.


Wenn das Licht ausgeht, wird es dunkel. Die Dunkelheit ist der Mangel an Licht.


Dieser konkret bestehende Mangel wirkt sich im ganzen Umfeld aus, aber nicht linear-kausal. Es ist nämlich keineswegs so, dass die Ordnungswidrigkeit kausal bis hin zum Mord führen würde, gemäß dem Motto: „Wer lügt, der stiehlt; wer stiehlt, der mordet – also ist der Lügner ein Mörder bzw. wird bald zu ihm werden.“


In einer milden Ausprägung stellt die Broken-Windows-Theorie nur einen Zusammenhang zwischen zwei Beobachtungen her: Verwahrlosung und Verbrechen. Das ist analogisches Denken. Von hier aus kann man überlegen, worin das Urprinzip wohl besteht.


Man kann auch den Gesichtskreis erweitern und dabei in den Augenschein nehmen, ob es noch andere Ebenen gibt, in denen das Prinzip wohl wirkt, z.B. in der Paar- und Familiensituation, der Ernährung, der Bildung und noch manchem anderen mehr.


Dann kann man vielleicht feststellen, dass es bestimmte Ebenen gibt, in denen man helfend einschreiten kann, weil sie sich dafür anbieten, während andere Ebenen womöglich nicht ohne Weiteres zugänglich sind und man erst einmal warten muss, bis man sich ihnen zuwenden kann.


Man kann auch die Augen dafür öffnen, ob es noch andere Urprinzipien gibt, die vielleicht im Hintergrund wirken, aber es verdient haben könnten, dass man sie ebenfalls betrachtet.


Gemäß einem analogischen Denken wird man nicht gleich etwas „machen“ wollen, sondern stattdessen die Augen öffnen, damit man erst einmal sehen kann, bevor man mit dem Handeln beginnt.

 

Die Krankheiten

Auch im Feld von Krankheit und Leiden herrscht weitgehend ein Denken und Handeln, dessen Prägung linear-kausal ist: Es müsse eine Ursache geben, wenn der Mensch an Flugangst leidet (beispielsweise die Turbulenz, als die Flugangst das erste Mal kam), wenn er körperlich erkrankt, wenn psychisch oder psychosomatisch Störungen und Symptome entstehen.

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Selbstredend ist es oftmals so, dass man die Ursachen nicht erkennt. Das heißt linear-kausal nur, dass man sie noch nicht finden konnte und man weitersuchen muss.


In der klassischen, freudianisch geprägten Gesprächstherapie lautet die Grundannahme bekanntlich, dass gegenwärtige Symptome die Folge frühkindlicher verdrängter Konflikte sind: Etwas ist in der Kindheit geschehen, das ursächlich für die Symptome ist. Findet man in der Kindheit nichts, heißt das nicht, dass es nichts gibt, sondern dass der Patient im Widerstand ist und er dahin gelangen soll, dass er es wieder nach oben holt.


Alle diese Annahmen stehen in klarem Gegensatz zu dem analogischen Denken, das ich oben skizziert habe.

 

Widerstand gegen das analogische Denken

Der Skeptiker hat Einwände. Mit dem Schlüssel „wie oben, so unten; wie innen, so außen“ wird er nicht viel anfangen können. Er widerspricht seinem Glaubenssatz, dass alles linear-kausal ist. Außerdem vermisst er Beweise. Hiermit zeigt er aber nur, dass er in seiner Blase steckt.


Denn das analogische Denken ist ein Verfahren zum Verstehen. Ein Verfahren ist nicht „falsch“ oder „richtig“, sondern mehr oder weniger hilfreich für uns.


Weder gibt es einen Beweis, dass die Welt linear-kausal ist, noch dass sie analogisch ist. Das Prinzip der Analogie beweist sich an seiner Dienlichkeit, als ein Schlüssel zu funktionieren, um das Tor zur Erkenntnis zu öffnen. Eine Vielzahl von Belegen für Entsprechungen in der Welt, die analogisch erklärbar sind, findet sich in der Fachliteratur (genannt sei hier nur Rüdiger Dahlke: Der Mensch und die Welt sind eins).

 

Anthropomorphes Denken?

Naheliegend ist auch der Vorwurf, dieses analogische Denken sei doch nur anthropomorph. Man würde sich wie die alten Griechen die Welt (bzw. die Götterwelt) nach dem Bild des Menschen formen.


„Wie oben, so unten“ bedeutet aber, dass es in beide Richtungen geht: Indem wir den Blick nach unten richten, erklären wir uns auch das Oben. Der Blick nach oben klärt auch das Unten.


Nehmen wir z.B. die Jahreszeiten. Im Sommer stehen Pflanzen in Blüte, im Herbst verlieren Bäume ihr Laub. Im Winter begeben sich manche Tiere in den Winterschlaf hinein. Das ist die Ebene des Makrokosmos, also die Ebene des „oben“.


Und unten, im Menschen, ist es genauso. Wir finden auch „unten“, dass es natürliche Rhythmen gibt, auch der Mensch „erblüht“ in Frühling und Sommer, in Herbst und Winter neigt er zum Rückzug.


Indem wir also das Oben betrachten und Zusammenhänge erkennen, können wir auch das Unten erschließen.


Das sind dann übrigens keine Gesetze, die immer und überall gelten würden. Wer nämlich darauf hinweisen möchte, in anderen Regionen der Erde, in ganz anderen Klimazonen seien die Jahreszeiten anders, als man sie in Europa findet, der hat natürlich vollkommen recht.


Die Urprinzipien gelten nicht universell, darum sind es Prinzipien und keine universellen Gesetze. In Peru z.B. sind die Jahreszeiten in Trocken- und Regenzeit eingeteilt. Ich kann aber gar nicht beurteilen, wie das, was „oben“ in Peru ist, dem entspricht, was „unten“ ist. Ich bin nämlich kein Peruaner, bin dort nicht aufgewachsen und lebe dort nicht. Das, was ich schreibe, gilt nur für hier, denn nur hier lebe und schreibe ich.



Anmerkungen:

1) Thorwald Dethlefsen: Schicksal als Chance, München 1979, S. 31


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