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Alternativmedizin und Schulmedizin

Praxis für Hypnose Hamburg

Dr. phil. Elmar Basse

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Alternativ- und Schulmedizin

Alternative Heilverfahren stoßen verbreitet auf Kritik, wenn nicht gar auf Ablehnung:


Man würde sich etwas einbilden, wenn man sie in Anspruch nähme, weil sie keine Heilkraft besäßen. Wer sie trotzdem für sich nutzt, sieht sich vonseiten der Schulmedizin oftmals wie ein Kind behandelt, das noch unvernünftig ist und dem man Märchen erzählen kann. „Vernünftige Erwachsene“ halten sich hingegen an Fakten – getreu dem von Juri Gagarin, dem allerersten Astronauten, überlieferten bzw. ihm zugesprochenen Satz: „Ich war im All und habe Gott nicht gefunden“ - also sei er nur Einbildung.


Was ich nicht „sehe“, gibt es nicht. Das ist die Kurzform der „Aufklärung“, die hinter dieser Auffassung steht. Als akzeptabel gilt dann nur, was wissenschaftlich „evidenzbasiert“ ist. Bei Medikamenten und Heilverfahren wird ein Wirksamkeitsnachweis verlangt, alles andere sei ein Placebo und könne, falls denn überhaupt, nur aufgrund von Einbildung wirken.

 

Wirkung und Wirksamkeit

In der öffentlichen Debatte wird oft mit Begriffen hantiert, die nicht genau geklärt worden sind. Um ein bekanntes Beispiel zu geben: In der Werbung für Medikamente heißt es oft, dass sie „wirksam“ seien, genauer: „in ihrer Wirksamkeit klinisch getestet“.


Das kann bei vielen den Eindruck vermitteln, es würde ihnen tatsächlich helfen, wenn sie die Medikamente nähmen, sie würden also bei ihnen wirken, und zwar in dem gewünschten Sinne.


Das ist aber ein klarer Fehlschluss. „Klinisch getestet“ bedeutet nur, dass man kontrollierte Tests vornahm, indem man nämlich bestimmte Patienten jeweils nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zuwies: Die einen erhalten das zu testende Medikament, die anderen ein Medikament ohne den betreffenden Wirkstoff. Wird in der ersten der beiden Gruppen eine stärkere Wirkung gemessen als in der zweiten, der Kontrollgruppe, so liegt dies am Einfluss des Medikaments. Dieses kann somit als „wirksam“ gelten.


Heißt das aber, es wird mir auch helfen? Keineswegs kann man das behaupten. Anders würde es sich nur verhalten, wenn bei 100% aller Menschen die gewünschte Wirkung einträte. Das ist bei Tests kaum jemals der Fall.


Der Wirksamkeitsnachweis bedeutet nicht, „dass das Medikament in jedem Fall auch jedem Patienten“ helfen wird. Den Studien lässt sich nur entnehmen, dass es eine gewisse Wahrscheinlichkeit gibt, dass das Medikament tatsächlich hilft.


Ein Beispiel: „Durch die Einnahme eines Medikaments verbessern sich in der Behandlungsgruppe bei 60 von 100 Patienten die Symptome innerhalb einer Woche, in der Placebo-Gruppe stellen 30 von 100 eine Verbesserung fest. Also war das Medikament zwar wirksamer als ein Placebo, hat aber 40 von 100 Patienten nichts gebracht.“


Da nicht bei 100% aller Patienten die gewünschte Wirkung eintritt, kann der Einzelne nicht wissen, zu welcher Gruppe er wirklich gehört – zu den 60% Patienten, die die gewünschte Wirkung erleben, oder zu den anderen. Wird ihm das Medikament empfohlen, ist das in Wirklichkeit nur der Hinweis, dass es bestimmten anderen half. Diese anderen sind aber anders: Sie haben ein anderes Lebensalter, einen anderen Organismus, anderes Alter und Gewicht, andere Lebensumstände, andere Vorbelastungen.


Dies spricht natürlich nicht dagegen, dass man klinische Tests durchführt und sich an ihnen orientiert. Nur sollte man dann ehrlicherweise den Unterschied kommunizieren, der zwischen den beiden Sätzen besteht: „Dieses Medikament ist wirksam“ und „Dieses Medikament wird Ihnen helfen“.

 

Die Kritik an der Alternativmedizin

Der vorherige Abschnitt war wichtig, weil vonseiten der Schulmedizin und in vielen Medien die Behauptung geäußert wird, dass die

Alternativmedizin nur als Placebo wirken würde. Tatsächlich sei sie „unwirksam“, sie habe keinen Wirkeffekt, der den Placeboeffekt übersteige. Das Argument ist dabei stets, dass kontrollierte Studien keine Wirksamkeit zeigen würden.


Dazu ist zum einen zu sagen, dass es durchaus Studien gibt, die das Gegenteil belegen.  Die Schulwissenschaft erkennt sie nicht an, weil sie angeblich „fehlerhaft“ sind. (Eine persönliche Anmerkung aus dem Wissenschaftsbetrieb: Jede Studie lässt sich kritisieren, denn jeder, der sie durchführen will, muss gewisse Entscheidungen treffen, die sich infrage stellen lassen.)


Selbst wenn kontrollierte Tests keine Wirksamkeit bewiesen, hieße das jedoch keineswegs, dass die betreffenden Medikamente keine Wirkung zeigen würden. Es würde stattdessen allein besagen, dass sich in diesen Studien die Wirksamkeit nicht nachweisen ließ.


Umgekehrt gilt wie oben beschrieben: Dass sich in Tests eine Wirksamkeit zeigt, bedeutet in gar keiner Weise, dass dem Einzelnen geholfen wird, wenn er zu diesem Medikament greift.


Es sei hier noch einmal betont: Die kontrollierte Studie weist nur eine Wahrscheinlichkeit aus, dass eine gewünschte Wirkung eintritt. Warum wirkt das Präparat bei dem einen, bei dem anderen hingegen nicht? Warum wirkt es nicht bei allen gleich? Das beantwortet die Studie nicht. Denn der Grund liegt natürlich darin, wie oben schon beschrieben wurde, dass jeder Mensch ein Einzelner ist, der sich von anderen unterscheidet.


Einmal ganz plastisch formuliert: Es kann durchaus der Fall vorliegen, dass in einer Studie ein „unwirksames“ Medikament bei einzelnen Menschen heilend wirkt, weil sie positiv darauf reagieren, bei anderen wirkt es hingegen nicht, sodass sich im jeweiligen Fall die Unterschiede aufheben bzw. nicht hinreichend deutlich hervorheben. In kontrollierten Studien werden Individualitäten verwischt, es wird statistisch gearbeitet.


Um die ganz spezifische Wirkung, die ein Medikament entfaltet, bei einem Menschen prüfen zu können, müsste man sich ihm zuwenden. Anders als in der Kontrollstudie ginge es nicht um statistische Fragen, sondern darum herauszufinden, wie ein ganz bestimmter Mensch auf ein bestimmtes Medikament reagiert.


Das geschieht in der Alternativmedizin, in der für den jeweils einzelnen Menschen ein Heilungsangebot gemacht wird. Die jeweils verabreichte Medizin gilt dann auch allein für ihn, für andere müsste sie anders sein.


Daher ist es dann auch so, dass diese spezifische Medikation, die für den Einzelnen konzipiert wird, mitnichten „massentauglich“ ist, sodass eine Kontrollstudie sinnlos ist.


Denn die Wirkung einer Arznei sowie jeder Therapie hängt entscheidend davon ab, ob sie zu dem Patienten passt: Jede medizinische Maßnahme ist ein Angebot an den Menschen, der je nach seiner Beschaffenheit unterschiedlich reagiert.


Der so beschriebene Sachverhalt ist der Wissenschaft vertraut, auch wenn sie ihn selten thematisiert. Sie kennt ihn als den Unterschied zwischen „wirksamen Medikamenten“ (im Sinne der statistischen Kontrollstudie) und personalisierter Medizin.


So schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Viele Faktoren tragen zum Entstehen und Fortschreiten von Krankheiten bei. Die personalsierte Medizin hat auch jene Faktoren im Blick, die bei jedem Menschen unterschiedlich sind. … Jeden Menschen bestmöglich zu behandeln – diese Vision rückt näher. Die personalisierte Medizin erfasst die biologischen und Lebensstilfaktoren des Einzelnen und leitet hieraus den Weg zu maßgeschneiderten Therapien ab.“


Das ist jedoch ein so aufwendiger Weg, dass er von der Schulmedizin tatsächlich kaum begangen wird, es fehlen die Ressourcen dafür (vielleicht ändert sich das in Zukunft, mittels Künstlicher Intelligenz, zurzeit sieht es noch nicht danach aus).


Übrigens ist das auch ein Grund, warum die ärztliche Behandlung rechtlich als ein Dienstvertrag gilt, und nicht als ein Werkvertrag (Zitat: Medizinrecht): Bei Letzterem wird ein Erfolg geschuldet (eine Gesundung oder Linderung), bei Ersterem „schuldet der Arzt seine Dienste lediglich in der Weise, dass er eine den Regeln der medizinischen Wissenschaft entsprechende Untersuchung und Behandlung zu erbringen hat, für den Erfolg muss und kann er nicht garantieren“.


Denn „wegen der Komplexität der Vorgänge im mensch­lichen Körper und ihrer teilweisen Unbeherrschbarkeit durch den Menschen und auch durch die moderne Medizin kann der behandelnde Arzt nicht ein „Werk“ oder einen Erfolg (z.B. Gesundheit) schulden. Zum Beispiel kann es auch bei Einhaltung der höchstmöglichen Hygiene – schicksalhaft – gleichwohl zum Auftreten einer Entzündung kommen.“


Auch für die zahnärztliche Prothetik gilt, dass der Zahnarzt nicht für den Erfolg (z.B. das „passende“ Ge­biss) garantieren kann, „denn es steht nicht in seiner Hand, ob es nach Erstellen des Abdrucks beispielsweise noch zu einer Veränderung des Kiefers, zu einer Entzündung oder zu einem nicht vorhersehbaren Zahnfleischrückgang kommt“ … „Dienstvertrag ist sogar ein Vertrag über eine Sterilisation oder eine kosmetische ‚Schönheits‘-Operation. Auch hier schuldet der Arzt lediglich sein ärztliches Bemühen im Rahmen des anerkannten Standards. Für den Erfolg (Unfruchtbarkeit, positive Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes) kann er auch in diesen Fällen nicht garantieren.“


Zwei wichtige, wenn auch nicht die einzigen Gründe für die oben benannte Kluft zwischen Wirksamkeit und Wirkung liegen also in der „Komplexität der Vorgänge im menschlichen Körper“ (s.o.), zum anderen der mangelhaften Personalisierung des medizinischen Angebots. (Darüber Hinausgehendes findet sich in meinem Text Mensch & Krankheit.)


Dem steht übrigens nicht entgegen, dass es durchaus Bereiche gibt, in denen weniger Komplexität herrscht und / oder in denen die Hightech-Medizin, unter hohem Kostenaufwand, sehr präzise arbeiten kann.


Aber zur gleichen Zeit ist es so, dass jeder dritte leidende Mensch, der die hausärztliche Praxis wegen seiner Beschwerden aufsucht, sie ohne Befund wieder verlässt, weil der Arzt nichts finden kann. So ist es beispielsweise so, dass das Reizmagensyndrom, aber auch das Reizdarmsyndrom einer erfolgreichen schulmedizinischen Therapie weitestgehend entgegenstehen und viele Patienten sich beim Arzt damit alleingelassen fühlen.

 

Evidenzbasierte Psychotherapie?

In der Psychotherapie werden von den gesetzlichen Krankenkassen nur Richtlinienverfahren finanziert. Zu ihnen zählen beispielsweise die Gesprächstherapie, die Verhaltenstherapie und Analyse, weil man für diese genannten Verfahren eine Wirksamkeit behauptet. Zu deren Beurteilung verweise ich auf den Artikel Wie gut hilft Psychotherapie wirklich?, er lässt das Bild nicht sehr rosig erscheinen.


Vor allem ist es jedoch so, dass vonseiten der Therapeuten durchaus Widerstand sich meldet, wenn von ihnen beansprucht wird, Evidenzbasierung zu zeigen. Sie verweisen genauso darauf, wie ich es hier unternommen habe, dass man der Behandlung des einzelnen Menschen in seiner seelischen Komplexität mit einer statistischen Kontrolluntersuchung keineswegs gerecht werden kann.



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